Redebeitrag zur Gemeinderatssitzung 30.01.2006
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren Gemeinderäte, liebe Gäste,
„Technikexperte sucht Oase in digitaler Wüste“, so
konnte man am 04. Januar in der Freien Presse lesen. Wer schreibt so
was? Das wird sich der eine oder andere vielleicht gefragt haben.
Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich sowie mein
Anliegen hier kurz vorstellen: Mein Name ist Bernd Rudolph. Ich wohne
seit 1997 in Seifersdorf, bin verheiratet und habe zwei fast erwachsene
Söhne. Von Beruf bin ich Fernmeldeingenieur und bei der
Polizeidirektion Südwestsachsen für die Fernmelde- und
Informationstechnik verantwortlich.
Was ist nun das Problem? Was treibt inzwischen mehr als 50 registrierte Mitstreiter in der Bürgerinitiative um?
Nun, seit geraumer Zeit bemühe ich mich um einen schnellen Zugang
zum Internet. Leider wurden alle meine Anfragen unter Hinweis auf
„technische Probleme“ abgewiesen. Dies sowohl von der
Telekom, als auch von anderen Anbietern.
Bei der Suche nach Alternativen boten sich zwei an. Da gibt es
zunächst die Möglichkeit, Daten über eine
Satellitenverbindung zu laden. Dies wird zum Beispiel durch die
Antennengemeinschaft in Pfaffenhain angeboten. Die zweite Alternative
ist die Nutzung des Mobilfunkstandards UMTS. Doch schauen wir uns die
Angebote näher an. Es wird so verständlich, dass sie an sich
nur ein Notbehelf sein können. Da ist zum einen der Preis. Das
Satellitenangebot bekommt man als volumen- oder zeitbegrenztes Angebot.
In jeder Variante muss man knapp 40 Euro pro Monat bezahlen und kann
dafür eine bestimmte Menge Daten laden oder eine bestimmte Zeit
lang online sein. Dabei ist die Datenrate für das Herunterladen
nicht garantiert. Wer hohe Datenraten benötigt, muss nochmals
extra bezahlen, und zwar nicht unerheblich. Das gleiche gilt, wenn das
entsprechende Daten- oder Zeitvolumen überschritten wird.
UMTS, die zweite flächendeckend verfügbare Alternative, ist
noch nicht sehr schnell. Mehr als die sechsfache Geschwindigkeit eines
einfachen ISDN-Anschlusses kann man nicht erreichen. Außerdem die
erforderlichen Geräte teuer, vor allem dann, wenn ein Zugang
für mehrere Benutzer gebraucht wird.
Im Vergleich dazu steht das Angebot der T-Com: Für den einfachsten
Anschluss (1 Mbit/Sekunde) bezahlt man 16,99 Euro Grundgebühr.
Dazu kommt (wenn man das will) ein Pauschaltarif (Flatrate) von ca.
zwei bis fünf Euro (je nach Anbieter). Die erforderliche Hardware
bekommt man in der Regel kostenlos dazu. Man sieht also, dass dieser
Anschluss nur halb so viel kostet, wie die Alternativen. Dafür
kann man dann sogar ohne weitere Kosten unbegrenzt surfen und Daten
laden.
Im übrigen ist die Telekom gerade dabei, ihr Angebot auszubauen.
Geschwindigkeiten von sechs Mbit/Sekunde sind heute schon üblich.
Bis zu 50 Mbit/s sollen es schon bald sein. Damit rückt die
Möglichkeit näher, Telefon, Daten und Fernsehen aus einer
Hand und entsprechend preiswert anzubieten. Für den, der DSL hat,
wohlgemerkt. Bereits jetzt klafft eine riesige Lücke.
Benötigt ein DSL-Nutzer mit 1 Mb/s für das Herunterladen
eines Updates für die bekannte Brennersoftware Nero (ca. 30 MB)
ungefähr fünf Minuten, braucht ein Modembenutzer dafür
mehr als 83 Minuten. Während der DSL-Nutzer alle Kosten pauschal
abrechnet, bezahlt ein Modembenutzer allein für diesen Download
ungefähr 50 Cent, wenn er einen günstigen Tarif wählt.
Dazu kommen noch die Grundgebühren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
im Artikel 3 des Grundgesetzes steht unter anderem, dass niemand wegen
seiner Heimat und Herkunft benachteiligt oder bevorzugt werden darf.
Sicher haben die Gründungsväter der Bundesrepublik damit
etwas anderes gemeint als DSL, aber ich fühle mich in der Tat
benachteiligt, nur weil ich hier auf dem Land lebe. Mir entsteht nicht
nur ein finanzieller Nachteil, mir wird auch Zeit vorenthalten. Das
sage ich als Privatnutzer. Wie wird es da erst bei Gewerbetreibenden
aussehen, die auf das Internet einfach angewiesen sind. Kontakte werden
heute zunehmend auf elektronische Art gepflegt und Informationen stehen
beinahe ausschließlich über das Internet zur Verfügung.
Ich denke, und es sind nicht wenige, die ebenso denken, dieser Zustand
ist nicht länger akzeptabel.
Wir möchten also Druck aufbauen. Druck gegenüber der Telekom,
aber auch gegenüber Alternativanbietern. Wir wollen erreichen,
dass der weitere Netzausbau nicht dort vorgenommen wird, wo eh schon
ein guter Ausbaustand erreicht ist. Es muss so investiert werden, dass
es zumindest mittelfristig eine ausgewogene Struktur des Angebotes an
Telekommunikationsdienstleistungen gibt. Wir wollen verdeutlichen, dass
hier ein unerschlossenes Kundenpotenzial existiert, wofür sich die
Investition in den Ausbau der Infrastruktur lohnt.
Wir möchten auch Druck gegenüber der Politik aufbauen. Der
Bund als großer Anteilhaber der Telekom muss die Interessen aller
Bürger vertreten und nicht nur derjenigen, die in Städten
leben. Auch – und hier schließt sich der Kreis zur heutigen
Sitzung – Lokalpolitiker können sich stark machen. So kann
der Gemeinderat selbst die Initiative ergreifen. Die Firma Deutsche
Breitbanddienste ruft zum Beispiel explizit Bürgermeister auf,
sich und ihre Gemeinde zum Ausbau eines Funknetzes anzumelden. Aber uns
reicht auch schon für’s Erste , wenn die Gemeinde ihrer
Informationsmedien zur Verfügung stellt und auch sonst helfend
bereitsteht. Was wir jetzt vor allem brauchen, ist Öffentlichkeit.
Wir wollen jeden Einwohner unserer Gemeinde erreichen, der so wie wir
einen DSL-Anschluss will.
Meine Damen und Herren,
Erfahrungen anderer Regionen zeigen, dass man mit gemeinsamer
Initiative von Bürgern und Verwaltung die Versorgung mit
DSL-Anschlüssen erreichen kann.
Dafür brauchen wir aber einen langen Atem und vor allem viele Mitstreiter.
Was jeder für sich nicht erreicht, können wir gemeinsam
schaffen. Ich lade nochmals alle ein: Lasst uns gemeinsam für
unser Ziel arbeiten. Es geht nicht darum, die großen Probleme des
Lebens zu meistern. Es geht nur um ein kleines Stück
Lebensqualität für die Bewohner unserer Gemeinde. Doch
dafür lohnt sich die Mühe.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.